Dienstag, April 17, 2007

Mülltüten in Größe XXL

Kann man sich wirklich einbilden, dass (fast) alle Kollegen im gewohnten Arbeitsumfeld über Nacht verrückt geworden sind? Vielleicht liegt es daran, dass ich in dieser Nacht schlecht geschlafen habe. Oder es ist eine ganz neue Art der wohl gehüteten und gut weggesperrten T Killerbiene ausgebrochen, die alle mit ihrem Gift infiziert hat. Anders kann ich es mir auf jedenfall nicht erklären. So weit meine Blicke reichen sehe ich Kollegen, die sich mit weißen Mülltüten in Größe XXL geschmückt haben. Wären diese Magenta, dann könnte ich den Sinn zumindest noch halbwegs logisch einordnen….

Erst vor wenigen Minuten wurde auch mein Büro gestürmt. Scheinbar hatten sie meine lieblings Kollegin entführt. Sie aus ihrem Arbeitsumfeld der Übertragungstechnik gerissen und sie zu mir ins Büro gebracht. Sollte ich zum Mitmachen motiviert werden? Ich denke schon. Und eigentlich hätte ich auch wirklich keinerlei Einwände gehabt. Solange ich eine Trillerpfeife bekomme bin ich für jeden Spaß zu haben. Es wäre die einzige und wahrscheinlich auch letzte Chance gewesen, aus meinem Büroverließ zu entkommen. Doch es genügte ein Gedanken an meinen Chef, um alle Hoffnungen wie eine Seifenblase zerplatzen zu lassen. Fast bildlich konnte ich mir sein Gesicht vorstellen, wenn er mich in weißer Plastiktüte und lautstarker Trillerpfeife auf dem Flur erwischen würde. Ich verwette meinen kleinen Finger, dass er mir in den Hintern getreten und solange geschimpft hätte, bis ich mich wieder in normaler Montur an den Schreibtisch gekettet hätte. Eigentlich bin ich ja auch schon jetzt an den Schreibtisch gekettet. Eigentlich trifft es Sekundenkleber ehr. Von daher hätte sich außer einer gehörigen Standpauke nichts an meiner momentanen Situation geändert. Ganz im Gegenteil. Wahrscheinlich hätte sie sich verbessert.

Wäre ich nur mitgegangen… doch nun ist es zu spät. Von normalem Arbeiten kann hier im Moment niemand so recht sprechen. Das Radio und die endlos klingelnden Telefone werden durch Megaphonrufe und Trillerpfeifen übertönt. Der ganz normale Alltagswahnsinn in dieser Magenta farbenen Welt…

Zum Glück hat mich meine lieblings Kollegin ein wenig über die aktuelle Situation aufgeklärt. Ich wusste schließlich noch nicht einmal, dass es Streiklokale gibt. Man scheint ein wirklich gutes Leben zu haben, wenn man sich in Plastiktüten stecken lässt und wild umher fuchtelnd durch die Stadt läuft. Darüber hinaus feiern diese Herren und Damen um 12:00Uhr ihren Feierabend. Von solch etwas träume ich nachts. Das heißt, ich würde es träumen, wenn ich denn endlich mal wieder so viel Schlaf finden würde, dass auch für solche Dinge Zeit bleibt.

Ich frage mich wirklich, wie lange das noch so weiter gehen soll. Jeden morgen muss ich mich erst einmal mit meinem Auto durch eine tobende Menschenmenge kämpfen, um überhaupt zu den Parkplätzen zu gelangen. Einen Hintereingang gibt es nicht. Und wenn es einen geben würde, so ständen sie mit Sicherheit auch dort um Autos anzuhalten und Flyer zu verteilen. Ich für meinen Teil habe noch nicht einmal etwas gegen die geplante 38 Stunden Woche. Ganz im Gegenteil, ich würde sogar noch länger arbeiten, was generell schon jetzt der Fall ist. Anstelle von Krieg in den eigenen vier Wänden sollten sich gewisse Herren an den Kopf fassen und darüber nachdenken, wie gut wir es doch eigentlich haben. Das es nicht selbstverständlich ist, dass wir hier arbeiten und unsere großen Brötchen verdienen dürfen. Was sind schon vier Stunden auf eine Woche verteilt, wenn die Konten an Überstunden bei jedem Einzelnen über 30 Stunden umfassen? Zeit, die nie wieder komplett abgebaut werden kann, da auf einen wohl verdienten Tag daheim gleich wieder ein 10 Stunden Arbeitstag folgt. Arbeit besitzt die Eigenschaft, dass sie nicht weglaufen kann. Das sie nach einem freien Tag einfach verschwindet, ist mehr als unvorstellbar. Wer kann schon zeitig nach Hause gehen, geschweige noch daheim bleiben, wenn irgendwo noch ein Kunde aufgeregt auf seinem Sofa hin und her rutsch, da er auf seinen lang ersehnten Telefon bzw. Internetanschluss wartet? Also ich könnte nachts kein Auge zu bekommen.

1 Comments:

At 19. April 2007 um 18:17, Anonymous Anonym said...

Es geht mir absolut nicht in den Kopf wie du in deiner Situation eine so schlechte Einstellung zu Arbeitskampfmaßnahmen hast. Es geht nicht darum, daß die Leute keine Lust haben länger zu arbeiten. Wenn die Kollegen länger arbeiten wird die Firma über kurz oder lang Leute rausschmeißen, weil sie meint sie nicht mehr zu brauchen. Diese Firma wird dann auch keine Melli mehr einstellen.
Dein Chef wäre auch nicht böse auf dich gewesen, da er auch nur ein Angestellter ist und das gleiche Problem wie seine kleinen Mitarbeiter hat.
Ich bin sehr traurig und auch teilweise wütend über deine Worte, denn wir kämpfen nicht nur für uns selber sondern auch für dich.
Wenn du selber einmal eine Familie aufbauen möchtest und auch einen gewissen Lebensstandart hast, den du dir mit deinen eigenen Händen erarbeitet hast, dir dann dein Arbeitgeber sagt dass er dir 40% weniger Lohn geben möchte, nicht weil die Firma pleite ist sondern weil er es einfach kann. Vielleicht wirst du dann verstehen warum Leute sich Platiktüten anziehen und Flugblätter verteilen.

Ich bin enttäuscht von dir.

Ich sehe dich vielleicht bei deiner Prüfung und werde dir die Daumen drücken.

 

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