Donnerstag, April 19, 2007

Kommentar von Anonym

"" Es geht mir absolut nicht in den Kopf wie du in deiner Situation eine so schlechte Einstellung zu Arbeitskampfmaßnahmen hast. Es geht nicht darum, daß die Leute keine Lust haben länger zu arbeiten. Wenn die Kollegen länger arbeiten wird die Firma über kurz oder lang Leute rausschmeißen, weil sie meint sie nicht mehr zu brauchen. Diese Firma wird dann auch keine Melli mehr einstellen.

Dein Chef wäre auch nicht böse auf dich gewesen, da er auch nur ein Angestellter ist und das gleiche Problem wie seine kleinen Mitarbeiter hat.

Ich bin sehr traurig und auch teilweise wütend über deine Worte, denn wir kämpfen nicht nur für uns selber sondern auch für dich.

Wenn du selber einmal eine Familie aufbauen möchtest und auch einen gewissen Lebensstandart hast, den du dir mit deinen eigenen Händen erarbeitet hast, dir dann dein Arbeitgeber sagt dass er dir 40% weniger Lohn geben möchte, nicht weil die Firma pleite ist sondern weil er es einfach kann. Vielleicht wirst du dann verstehen warum Leute sich Plastiktüten anziehen und Flugblätter verteilen.

Ich bin enttäuscht von dir.

Ich sehe dich vielleicht bei deiner Prüfung und werde dir die Daumen drücken.
""

Lieber Anonym,

Deine Worte sind mir wirklich nah gegangen. Ich weiß, dass Du weder eine Entschuldigung noch irgendeine Form der Rechtfertigung möchtest. Du würdest sie mit großer Wahrscheinlichkeit auch nicht akzeptieren. Ich kann es verstehen. Nicht aus dem Grund, dass ich meine eigene Meinung über Bord werfe um zu gefallen, sondern weil auch mir diese Gedanken in solch einer Situation durch den Kopf gehen würden. Dennoch ist es mir wichtig Dir zu erklären, wie ich zu meiner Meinung gekommen bin und was mich dazu bewegt hat, diesen Blog Beitrag zu schreiben.

Wenn mich in den letzten Wochen meine Wege zur Arbeit geführt haben, dann sah ich immer nur die weiß gekleideten Männer. Männer, die mein Auto anhielten. Männer, die mir zusammen mit einem freundlichen Hallo Flugblätter in die Hand drückten. Ich konnte nicht verstehen, weshalb sie sich diese Mühe machten. Zwar verfolgte ich die Texte, die sie unter das Arbeitervolk brachten. Doch es fehlte an Hintergrundwissen, um zu verstehen, was alles auf dem Spiel stand. Da es niemandem gab, der sich mit mir auf eine Diskussion einließ, blieb ich mit meinen Gedanken und Ansichten allein.

Gedanken und Ansichten, die von der aktuellen Situation beherrscht wurden. Von der Tatsache, dass von uns 2000 gerade einmal 123 Glück haben werden. Was ist aus den 10% geworden, die uns vor Jahren versprochen wurden? Ich habe die schönsten Arbeitsbedingungen und die sympathischsten Kollegen früher zurück gelassen als geplant , weil ich noch hoffen konnte. Hoffnungen, die mit den Worten „Vivento“ und „zwei Jahre“ schneller zerplatzten, als eine Seifenblase.

Lieber Anonym, wie würdest Du Dich fühlen, wenn Du wüsstest, dass sich Deine Zukunft auf zwei Jahre beschränkt? Das ein Traum, den Du gerade erst begonnen hast zu träumen in Deinen Händen zerfließt und Du vollkommen machtlos zusehen musst?

Für einen gesicherten Arbeitsplatz würde ich alles geben, das in meiner Macht steht. Selbst wenn mich ein 12 Stunden Arbeitstag erwarten würde und die bittere Erkenntnis, dass ich auf 40% meines Lohnes verzichten müsste, so würde ich es in Kauf nehmen. Ich würde auf den großen Fernseher und die vier Zimmer Wohnung verzichten. Vielleicht würde ich, sofern es die Situation verlangt, meinen geliebten Wagen hergeben. Ich bin bereit Opfer zu geben. Denn es gibt in meinen Augen nichts Schlimmeres als eine Zukunft, die sich auf zwei Jahre beschränkt und anschließend in Arbeitslosigkeit endet. Denn was wird in zwei Jahren sein? Es wird wieder neue geben. Jüngere. Schnellere. Und vor allerdings billigere Arbeitskräfte.

Wahrscheinlich kannst Du Dich jeden Tag ohne Angst über einen gesicherten Arbeitsplatz freuen. Du wirst ein tolles Auto fahren, eine wunderschöne und vor allerdings liebevoll eingerichtete Wohnung haben. Vielleicht sparst Du gerade auf den Beamer, von dem Du bereits so lange träumst.

Du hast Dir Deine Ziele hart erarbeitet und ich gönne sie Dir von ganzem Herzen.

Bedenke, dass es die neue Generation in diesem Sommer selbst mit den größten Bemühungen niemals so weit bringen wird, wie Du es geschafft hast. Vielleicht kannst Du dann verstehen, weshalb es dort draußen Menschen gibt, denen eine 38 Stunden Woche und 40% weniger Lohn in Zusammenhang mit einem Sicheren Arbeitsplatz nichts ausmacht….

4 Comments:

At 20. April 2007 um 07:57, Blogger Lenny_und_Karl said...

Schwierige Sache. Klar würden viele Abstriche mache. Die Frage ist doch, wie weit man gehen sollte. 40 Prozent weniger sind für dich ok, aber wären es auch 50 oder 60? Es geht ja auch darum, dass in Familien oft beide voll arbeiten und sich dennoch nicht ohne Unterstützung vom Amt finanzieren können. Und ich muss sagen, seit ich in der Fachschaft aktiv viele Aktionen gegen Studiengebühren unterstützt habe, merke ich, dass es was bringen kann. Leider gibt es zu viele Leute, die nicht genug informiert sind und denken: Es bringt sowieso nichts. Würden aber mehr anders denken, setzt das ein Zeichen. Und auch wenn es manchmal aussichtslos erscheint, ist das aussichtslose gleich aufzugeben, in jeder Hinsicht. Grundsätzlich ist das aber unverschämt. Damit meine ich die Firma und dafür kannst du nix. Aber wie Leute in Vorständen entscheiden, die schon lange nicht mehr wissen, wie man mit nur plus/minus 800€ auskommen muss oder soll, wenn sie selbst ein Gehalt haben, das andere im Jahr verdienen. Traurig sowas.

 
At 22. April 2007 um 13:39, Blogger Henni said...

Als Betroffener (den größten Teil der geplanten Änderungen wurden bei uns, T-Mobile, ja schon durchgeführt) kann ich leider nur sagen, dass es leider für den Vorstand keinen Grund brauch, Leute rauszuschmeissen. Es ist also völlig egal, ob man nun 40 Stunden arbeiten geht oder weiterhin 34 Stunden. Wenn der Vorstand auf die Idee kommt, noch mehr "Einsparungen" vorzunehmen, dann schmeissen sie die Leute einfach raus.
Ist schonmal aufgefallen, dass bei den Änderungen die es durch die Ausgliederung in T-Service geben soll, nur von den Kosten gesprochen wird? Ich glaube, T-Service wird den gleichen Weg gehen, wie Vivento (Ausgliederung, Kostenreduzierung, Verkauf).
Die soziale Verantwortung für die Mitarbeiter gibt es ja eh nicht mehr. Deswegen glaube ich auch, dass dem Vorstand die Streiks völlig egal sind.
Der beste Hinweis, auf das Nichtvorhandensein der sozialen Verantwortung, ist, das unser Chef, der noch nicht eine einzige Aussage eingehalten hat, der neue Chef von T-Service wird. Hysterisch lachen kann man nur noch, wenn man daran denkt, dass er uns letztes Jahr erpresst hatte und mit der Ausgliederung gedroht hatte, wenn wir nicht der Gehaltsreduktion zustimmen. Wir haben zugestimmt und werden nun trotzdem ausgegliedert!!

Ich hab in dieser Firma aufgegeben Hoffnung zu haben!

 
At 6. Mai 2007 um 20:32, Blogger Unknown said...

Schöner Beitrag von dir, der auf ein neues zeigt, dass Streiks im Wesentlichen die Interessen der Inhaber unbegrenzter Arbeitsverträge vertreten. Für alle anderen steigt mit den erstrittenen Benefits (Lohnerhöhung oder auch nur weniger Mehrarbeit, etc.) die Schwelle, ob sie festeingestellt werden und zu welchen Bedingungen. Oder ob der Arbeitgeber sie nicht lieber von einer Zeitarbeitsfirma zu einem günstigeren Tarif mietet. Leider sieht man das bei den angeblichen Arbeitnehmervertretern entweder nicht, oder es ist den entsprechenden Leuten egal.

 
At 11. Februar 2010 um 04:20, Anonymous Anonym said...

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