Samstag, Februar 09, 2008

Multiplikator Melli - Teil 3

Wir standen noch lange dort und redeten über Gott und die Welt. Nicht weil wir uns sehr gut kannten, sondern einfach, weil uns danach war.

Leider schaltete sich viel zu früh mein Gewissen ein und zwang mich, einen weiteren Blick auf die Uhr zu riskieren. Verdammt. Blödes Gewissen. Denn ob ich es wollte oder nicht, ich musste zurück zu meinem Seminar. Ich hätte noch Stunden dastehen können. Hätte noch Stunden Fragen stellen und zuhören können. Aber es ging nicht. Ich musste zurück in den grauen und so trostlosen Alltag. Doch bevor mich das graue und miese wieder einholen konnte, nutzte ich die wahrscheinlich letzte Chance, um meinem Gegenüber ein paar Worte mit auf den Weg zu geben. Ich bin mir nicht sicher, ob es so ankam, wie es ankommen sollte. Aber das darauf folgende Lächeln sagte eigentlich mehr als Tausend Worte.

Noch einmal nahm mich die Person fest in den Arm und strich mir über die Wange. Sagte nette Dinge zu mir und untermalte die Situation mit einem Lachen. Ich fühlte mich wie in meinem Lieblingsfilm gefangen. Wo alles schön und bunt und farbenfroh erscheint, so lange die Geschichte keine unerwartete Wendung nimmt. Was vollkommen verrückt ist, zumal man schon zu Beginn weiß, dass die Sache einen Haken hat.

Und schon waren sie wieder da. Die Menschenmassen um mich herum, die Geräusche der lauten Hauptverkehrsstraße und der gesamte Alltagsstress, dem ich den letzte Minuten so perfekt entflohen war. Und wo kam eigentlich die Straßenlaterne her, an der ich plötzlich lehnte?

Noch ein letztes Mal blickte ich meinem Gegenüber fest in die Augen und fragte, ob man sich wieder sehen würde.

Es dauerte nur Sekunden, bis nach dem „Handtäschchen“ gegriffen war, und ein gigantischer Organizer das Tageslicht erblickte. Ein kleines Gerät, so vollgestopft mit Terminen, das es jede Sekunde in Flammen aufgehen konnte. Erschrocken zog ich eine Augenbraue nach oben. Wie konnte es möglich sein, so viele Termine in sooo kurzer Zeit bewältigen zu können? Doch auch wenn es in den ersten Sekunden aussichtslos erschein, so fanden sich doch noch ein paar freie Minuten im eng gestricktem Terminplan. Der nächste Tag wäre schön. Ein Kaffee fantastisch und eine Wiederholung der letzten Minuten wunderbar.
Abgemacht.

Noch ein letzter zögerlicher Blick auf die Uhr, noch eine letzte und lange Umarmung, dann hatte mich der graue und trostlose Alltag wieder zurück in seinen Fängen. Aber bevor ich mich umgedreht und vollkommen der Stadt zugewandt hatte, schenkte mir die Person noch ein letztes Lächeln. Strich mir sanft mit zwei Fingern über den Arm und gab mir drei letzte Worte mit auf den Weg.

Ich freu mich!
Ich mich auch! Ich mich auch...