Mittwoch, Januar 02, 2008

Ist mir schlecht

Silvester arbeiten zu gehen war eine vollkommen neue Erfahrung. Die Straßen waren leer, der Parkplatz fast ausschließlich mit Mercedes der größten Ausführung besiedelt. Nicht, weil sich die Hohen Tiere zur Arbeit gequält hatten, sondern vielmehr, weil ich direkt neben einem Mercedes Werk meine Brötchen verdiene. Nicht selten verirren sie sich auf unseren Parkplatz. Ohne Nummernschild, ohne Besitzer. Es stört sich niemand daran. Warum auch? Der Parkplatz reicht locker für zwei Konzerne. Obendrein wertet es ihn gewaltig auf.

Es war irgendwann nach 12:00Uhr. Ich wollte gerade meinen Rechner ausschalten, als es an der Bürotür klopfte. Ich kannte den Mann, der seine Nase in mein Büro steckte. Ein kleiner, zierlicher Herr ende 40. Mit kurzem, leicht ergrautem Haar und dickem Schnauzbart. Ein Teamleiter aus einer anderen Abteilung. Ich hatte ihn schon lange nicht mehr gesehen. Seitdem sein Büro mit einem deutlich jüngeren, dynamischer aussehenden Mann ausgestattet wurde, war er wie vom Erdboden verschluckt.

Äußerst seltsam.

Als er hinter sich ein Tablett her zog, zog ich fragend eine Augenbraue nach oben. Noch schneller, als ich Hallo sagen konnte, hatte ich einen Berg an Berlinern unter meiner Nase. Ausgerechnet Berliner. Wenn man mich ärgern möchte, dann hält man mir Berliner unter die Nase. Ich hasse Berliner. Berliner kleben, Berliner haben eine seltsame Farbe, Berliner sind unerhört süß und Berliner riechen in meiner Nase wirklich unangenehm. Angestrengt dachte ich über eine Ausrede nach, weshalb ich dankend ablehnen würde. Doch noch lange, bevor ich den Gedanken zu Ende gedacht hatte, drückte er mir auch schon einen in die Hand und betonte, dass er doch so gerne einen ausgeben wollte. Und niemand außer mir sei mehr im Büro. Oha. Aber gut..ich wollte höflich sein. Und solange ich nicht alle 40 auf seinem Tablett verdrücken musste…

Mit Todesverachtung griff ich nach einem dieser süß-klebrigen Dinger. Ich konnte ihn immer noch neben meinen Schreibtisch legen, sobald Mr. Teamleiter den Raum verlassen hatte. Welch gravierendes fehldenken. Wie konnte ich auch nur eine Sekunde lang daran denken, dass er den Raum verlassen würde BEVOR ich nicht diesen Berliner gegessen hatte? Kaum hatte ich dieses DING in meiner Hand, da lehnte er sich gegen den nächstbesten Schreibtisch und erzählte mir seine halbe Lebensgeschichte. Von seinen drei Kindern, von seinen drei Hunden, von dem gestorbenen Meerschweinchen und seiner Karriere bis zum Teamleiter. Herrje.

Er erzählte, dass er sich letztens Bonbons gekauft hätte. Die mit Koffein. Wie aufgedreht er davon geworden sei und das er seitdem nicht mehr seine Finger davon lassen könnte. Und schon wieder hob sich meine Augenbraue. Ach wirklich? Das hätte ich ihm auch schon 10 Minuten ehr erzählen können.

Der Berliner schmeckte genauso furchterregend, wie ich es mir vorgestellt hatte.