Mittwoch, Juni 13, 2007

Interessante Glasfront

Wie jeden Morgen schlenderte ich auch heute mit meinem Kollegen den kleinen Weg entlang. Ein schmaler Pfad, gerade mal breit genug für zwei Mann, der einen auf Wunsch einmal durch den Garten des großen T´s in Oldenburg führt. Oder eben wahlweise zum Supermarkt und Bäcker. Ich mag den kleinen Bach, der direkt neben dem Weg entlang plätschert. Schon oft habe ich dort Enten gesehen. Einmal sogar ein kleines Eichhörnchen, dass mein Chef liebevoll als seinen kleinen Freund bezeichnete. Scheinbar war ich zu selten im vergangenen Winter dort, um ebenfalls Freundschaft mit diesem kleinen Tierchen zu schließen. Schade.. eine Chance, die nie wieder kommen wird. Ich liebe Eichhörnchen.

Unser kleiner Spaziergang brachte uns in den benachbarten Supermarkt. Ein kleiner mittelgroßer Einkaufsladen mit Bäcker, der grundsätzlich immer nur eine der fünf Kassen geöffnet hat. Fast jeden Morgen rege ich mich über das Chaos an der Kasse auf. Manchmal schleiche ich mich unwesentlich früher aus dem Büro, um dem Ansturm der T Mitarbeiter zu entkommen. Eine Taktik, die bereits so viele Kollegen benutzen, dass sich das frühe herausschleichen eigentlich schon gar nicht mehr lohnt.

Wie jeden Morgen hatte ich nach etwas Gesundem für die Frühstückspause gegriffen. Was folgte war ein Überraschungsei in der Hoffnung, endlich ein Auto darin zu finden, und ein mit Käse verziertes Brötchen. Ich sollte diese Dinger nicht essen. Dennoch wirken sie morgens so verführerisch, dass ich ihnen nur schwer widerstehen kann.

Seit Jahren gehört dieses morgendliche Einkaufen zum normalen Arbeitstag. Seit Jahren schlendere ich um punkt 09:15Uhr aus dem Büro, um exakt 09:30Uhr neben der Kaffeemaschine auf meinem Platz zu sitzen. Seit Jahren benutze ich dafür ein und den selben Weg.. doch noch nie ist mir das ins Auge gefallen, was heute Morgen meine volle Aufmerksamkeit erregte. Um zurück in mein Büro zu gelangen, muss ich an den Büros einer Abteilung vorbei, über die ich gerne einmal daheim meine Witze mache. Eine Abteilung, die es mir aufgrund meines Internetanschlusses sehr angetan hat und über die ich immer wieder gerne spreche. Eine Abteilung, in der auch ich vielleicht bald Unterschlupf finden werde. Irgendwo zwischen Großbildfernsehern und blinkenden Speedports.

Die Büros im untersten Stock genießen einen ganz besonderen Luxus. Anstelle von sterilen Wänden mit kleinen Gucklöchern als Fenstern besitzen sie eine überaus große Glasfront, die als Wand funktioniert. Jeder hat dadurch die Chance, einen tiefen Einblick in das Leben gewisser Büroherren zu riskieren. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass dieser Luxus wirklich so angenehm ist, wie er auf den ersten Blick klingt.

Ich habe noch nie bewusst durch die großen Scheiben gesehen. Nicht etwa, weil ich die Kollegen nicht mit meinen Blicken löchern wollte, sondern viel mehr, weil das nötige Interesse fehlte. Einen Schreibtisch in Buchenholzfarbend, den habe ich schließlich selber. Genau wie einen Rechner mit Flachbildschirm. Was interessieren mich die Schreibtische fremder Kollegen, wenn ich tagtäglich acht Stunden an genau so einen der gleichen Marke und in der gleichen Ausstattung gefesselt bin?

Doch heute war es anders. Irgendetwas lenkte meine Blicke in die Richtung der langen Glasfront. Irgendetwas bewegte mich, einen Blick durch das Glas zu werfen, während ich mich auf dem kleinen Weg befand um zurück zu meinem Büro zu schlendern. Es dauerte nicht lange, bis meine gelenkten Blicke ihr mehr oder weniger gewolltes Ziel erreichten. Ein junger Mann mit dunklem Haar. Gefangen an seinem Schreibtisch blickte er verträumt aus dem großen Fenster, genau in meine Richtung. Ohne anzuhalten versuchte ich mir ein etwas genaueres Bild zu verschaffen. Ich bemerkte, dass er mich mit seinen Blicken verfolgte. Seine Blicke, sein Gesicht.. alles an ihm folgte meinen Schrittbewegungen. Und auch ich blieb mit meinen Blicken an ihm „kleben“.

Als ich mehr und mehr aus seinem Sichtfeld zu verschwinden drohte, entstand ein Lächeln in seinem Gesicht. Etwas verwundert erwiderte ich es, ohne den Sichtkontakt abbrechen zu lassen. Doch dann führten mich meine Schritte aus dem Sichtbaren Bereich. Das Lächeln auf meinen Lippen blieb aber dennoch bestehen.

Mein morgendlicher Schlussbericht:

Brötchen mit Käse: 0,99 Euro.

Ü-Ei: 0,59 Euro.

Schale Erdbeeren: 1,49 Euro.

Das Lächeln eines fremden Kollegen am frühen Morgen: Unbezahlbar.