Dienstag, August 22, 2006

Postkastengeschmack

Hektisch griff ich nach meinem magentafarbenen Schlüsselband. Entweder jetzt oder nie. Die zweite Chance würde zu lange auf sich warten lassen.
Meine Füße waren schon lange in Bewegung, als ich das klacken meiner Zentralverriegelung hinter mir hörte. Ich durfte keine Zeit verlieren.
Mehr als sportlich sprang ich über am Boden liegende Äste, wich gigantischen Wasserpfützen aus und überholte langsame Herren mit Aktentaschen.
Die erste Hauswand.. nur noch zwei Fußgängerampeln und drei Kurven trennten mich von meinem Ziel…

Oh nein. wieder traf mich ein Regentropfen auf meiner Nase. Meine Mission war gescheitert.
Wie oft habe ich in dieser Woche versucht, trocken an mein Ziel zu gelangen?
Da stand ich nun. Alleine, nass und voller Neid auf die Herren mit Aktentaschen, die ich gerade erst voller Vorfreude überholt hatte. Wer hätte gedacht, dass in solch einer Tasche nicht nur Papier, sondern auch ein Regenschirm Platz findet? Schon seit Jahren spiele ich mit dem Gedanken mir einen Regenschirm zu kaufen. Erfolglos.
Wozu überhaupt solch eine Gerätschaft? Auch wenn eine Seite von mir fest überzeugt ist, dass der Sommer wieder kehren wird…. Wo ist er geblieben?

Eigentlich wollte ich neue Urlaubspläne schmieden, meinen Feierabend am Badesee um die Ecke verbringen oder zumindest wieder Eiswürfel in meinen Eistee schütten. Doch noch nicht einmal das macht an einem verregneten Abend im kuscheligen Kapuzenpullover Spaß. Zu groß ist meine Angst, dass der Eistee an meiner Zunge festfrieren könnte.

Wenn sich meine Sorgen, die ich mit regen verbinde, nur auf Tee beschränken würden…

Als ich heute Nachmittag auf einem kleinen Parkplatz in Bad Zwischenahn parkte, machte ich mir ernsthafte Gedanken über eine ganz neue Art des Drive in Schalters.
Ich hatte mehr als genug Zeit, um meine Gedankengänge auf schiefe Bahnen zu lenken. Geschlagene 20 Minuten war ich nun schon in meinem Auto gefangen.
Jeder Fluchtversuch hatte entweder mit nassen Füßen, verwischten Make up oder undenkbaren Überschwemmungen des armen Autos zu tun.
Dabei wollte ich doch nur eine Briefmarke kaufen.
Sollte ich es wirklich riskieren?
Einfach dreist an ein Fenster der Postboten heran fahren, vorsichtig Klopfen und nach einer Marke fragen?!
Leider siegte auch dieses Mal mein Verstand gegen meinen Kopf.

Unverrichteter Dinge verließ ich letztendlich diesen Ort des Grauens.
Wäre ich wirklich ausgestiegen um eine Briefmarke zu kaufen… spätestens beim erneuten erreichen meines Wagens hätte sie so eine Konsistenz besessen, dass ich sie nur noch hätte essen können. Hm… mit Postkastengeschmack…… *schmunzel*
Vielleicht eigenen sich manche Tage einfach nicht dazu, um kleine Papierstücke zu kaufen….