Mittwoch, September 20, 2006

Die Übergabe

Heute Morgen musste ich wieder einmal meinen Kopf hinhalten.
Eine Mission, die gefährlich hätte enden können.

Vorsichtig schritt ich durch diese schmalen Gänge, schlich unauffällig an kostbaren Grünpflanzen und Gemälden vorbei.
Die Luft hier oben war erfüllt von überteuerten Parfums. Anstelle von Bonbons waren hier die Schalen auf den Couchtischen mit versilberten Schlüsselanhängern gefüllt.
Wie lange hatte ich heute morgen fragend vor meinem Schrank gestanden, um das perfekte Outfit zu finden. Alles musste aufeinander abgestimmt sein. Niemand durfte mir hier anmerken, dass ich nicht hier hin gehörte.

Angespannt durchschritt ich den Flur. Ich versuchte irgendeine Art Geräusch wahrzunehmen. Ein Telefonklingeln… den Klang teuerer Damenschuhe. Doch noch nicht einmal die Laute eines Gespräches waren hier oben zu hören. Es war einfach nur still.

In meinem Hinterkopf waren noch immer die Worte meiner Kollegen.
Sie sagten, ich solle aufpassen, dass ich mich nicht in der Tür irre. Der oberste Chef würde hier eine Art kleine Wohnung sein Eigen nennen.
Zu bunt waren meine darauf folgenden, eigenen Gedankengänge, die mir das Schlafzimmer dieses Mannes zeigten.

Allein das schmunzeln auf meinem Gesicht, als sich die Fahrstuhltür öffnete und ich wieder auf dieses Wandgemälde mit den nackten Frauen starrte. Nein, es war noch schlimmer. Nicht nur, dass die Damen nackt waren, sie waren blau und begrabschten sich an Stellen, die ich hier lieber nicht nennen möchte.

Wenn mich bereits beim ersten Blick aus dem Fahrstuhl solch exotische Dinge erwarteten, was würde sich erst hinter diesen Türen verstecken….

Bevor ich vor einer der Türen stehen blieb, drehte ich mich noch ein letztes Mal um. Zu groß war die Gefahr, dass plötzlich eine Dame im feinen Kostüm hinter mir stehen würde. Ich traute dieser Stille nicht. Doch ich war allein.

Fotos an den Türen der Mitarbeiter anstelle des grauen Standard Namensschildern. Für mich erschien es ehr als eine Art Hall of Fame anstelle einer Namenskennzeichnung. Was muss man leisten um hier bestehen zu können?
Gut.. Die Tatsache, dass außer dem Chef ausschließlich Damen hier abgebildet waren, erübrigten diese Frage.

Als ich eine Dame gefunden hatte, die mir vom Foto her sympathisch erschien, klopfte ich vorsichtig an die Tür. Angespannt wartete ich ein Zeichen ab.
Immer noch keine wahrnehmbare Stimme. Kein Geräusch das mir nahende Damenschuhe signalisierte.

Jetzt gab es nur noch eine Option für mich. Langsam drückte ich den Griff der geschlossenen Tür herunter. Wie in Zeitlupe schob ich die Mausgraue Tür beiseite…
..und erschrak, als ich mit ihr einen sehr kostbar aussehenden “Busch” aus dem Gleichgewicht brachte.

Hier war ich richtig. Und ich wurde bereits erwartet.
Mir meiner höfliches Stimmlage fragte ich nach dem Gut, dass ich hier abholen sollte.
Als ich es zusammen mit einer Hand voll strenger Befehle überreicht bekam, bedankte ich mich und verschwand.
Auch wenn ich daran gezweifelt hatte; Ich habe es geschafft.
Ich habe es geschafft mir Tischdecken aus der Chefetage zu leihen.

2 Comments:

At 21. September 2006 um 08:52, Anonymous Anonym said...

hey melli,

redest du von DER chefetage? dem besagten 5. stock? da war ich dienstag auch... allerdings bin ich nur vom fahrstuhl zur gegenüberliegenden tür gelaufen, um dann aufs dach zu klettern ;) zum glück ist mir keine der damen begegnet...

viele grüße,
saskia

 
At 21. September 2006 um 18:04, Blogger Melli said...

Du hast es erfasst - ich rede von DER Chefetage :)

Was würde ich nicht alles geben, um ein Mal das Dach besteigen zu dürfen…..

Die Aussicht über die Oldenburger Innenstadt muss traumhaft sein.
Wieder etwas, dass auf meine to do Liste wandert ;)

Hm.. Hast Du einen Tipp für mich, wie man unbemerkt dort rausschleichen kann..?

 

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