Dienstag, März 04, 2008

Der Anfang vom Schlechten

Der nächste Morgen war wie aus dem Bilderbuch geschnitten. Nur mit dem Unterscheid, dass ich nicht in einem Türmchen erwachte und mein Haar nicht zur Mega Welle mutiert war. Wenn ich so darüber nachdenke, dann fällt mir ein, dass ich eigentlich gar kein Bilderbuch besitze. Noch nicht einmal eines der Sorte, in dem leicht bekleidete Männer abgebildet sind. Wie sie leicht bekleidet an einer dunklen Bar stehen, ihre spätabendlichen Cocktails genießen und mit ihren Krawatten über das Leben philosophieren. Hach…

Aber wieder zurück zum wesentlichen. Der Morgen war perfekt. Eigentlich war er zu perfekt. Der Himmel war blau und die Vögelchen zwitscherten. Der Kaffee zerging mir auf der Zunge wie eine Frühlingsbrise. Und warum war mein Wagen eigentlich nicht überfroren? Ich mag diese perfekten Dinge im Leben nicht. Denn wie heißt es so schön? Alles Perfekte ist immer der Anfang vom Schlechten. Und soll ich etwas dazu sagen? Ja! Es stimmt. Auf dem Weg zur Arbeit steckte ich selbst in der Rush Hour nicht im Stau. Wie ist es möglich, dass man um halb neun Uhr morgens durch die Innenstadt fahren kann, ohne hinter 20 viel zu langsamen Luxuswagen zu klemmen? Und wie kann es möglich sein, um diese Uhrzeit noch einen kostenlosen Parkplatz direkt vor den Eingangstoren zu ergattern? Das alles ist nicht möglich? Ja…das dachte ich auch. Aber es kam noch besser.

Ich hatte gerade die mächtig aussehenden Eingangstore und das Pförtnerhäuschen hinter mir gelassen, da stand sie in ihrer vollen Pracht vor mir. Die gruselige 2 Meter Dame, vor der ich mich so sehr gefürchtet hatte. Von der ich dachte, sie könne mich mit einem Bissen verschlingen. Doch was war das? Ein Lächeln auf ihren Lippen? Nun, es war nicht wirklich ein Lächeln. Aber nach einem anfänglich recht kalten Hallo entwickelte sich ein tolles Gespräch zwischen uns. Sie erzählte mir von ihrer Nacht. Von ihrem Hotel und den Besonderheiten, über die sie in der Nacht gestolpert war. Und auch wenn ich mir das ein oder andere Schmunzeln verkneifen musste, so wurde unser Verhältnis von Zeile zu Zeile besser. Sie war gar nicht so böse, wie ich sie eingeschätzt hatte. Und nach 5 Minuten voller „kaputten Fernseher“ und „schlechtem Essen“ spielte ich ernsthaft mit dem Gedanken, dass sie wirklich nett sein könnte. Sehr eigenartig.

Als ich mich auf meinem Stuhl fallen ließ und den ersten Seminarkaffee in meine Tasse fließen sah, dachte ich darüber nach, was an diesem Morgen nicht stimmen konnte. Alles war plötzlich so perfekt. So schön und angenehm und ganz anders, als die Stunden zuvor. Die Seminarthemen waren spannend, der Kaffee schmeckte tatsächlich nach Kaffee. Und nicht nach Wasser mit Kaffeegeschmack. Gut, es gab nicht mehr diese fantastischen Multivitamindinger, von denen ich fast abhängig geworden war. Aber wo sollten die auch herkommen? Ich hatte den kompletten Vorrat vernichtet. Die Zeit ging einfach schnell vorbei und ich freute mich heimlich auf den Nachmittag. Auf eine gute Tasse Kaffee. Auf ein gutes Gespäch, ein Lächeln. Und auf eine Umarmung.